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groberung.  Aber im Gegensatz zu diesen beiden Kunstlern geht es ihm immer um politische Inhalte (seihe dazu auch die beiden Portraits von Julius und Ethen Rosenberg im Farbteil).  Seine Pastelle sind die Fortfuhrung der von ihm vorher in Seigraphie ausgefuhrten Themen, durch das Grobformat und eine reiche Farbtextur weiter entwickelt.  Garcia arbeitet wechselnd in Siebdruck und Pastell, je nachdem ob er ein Unikat oder Plakate fur Agitationszwecke braucht.

Fur seine Szenenfolgen aus dem Leben der Bruder Flores Magon benutzte Trevino eine dem Trickfolm entlehnte Technik, die er kinaesthetics nennt.  Zwei oder dre Filmbilder werden in rascher Bewegungssequenz gezeigt, gefolgt von einer Bewegungssequenz eines anderen Photos.  Filmaufnahmen von Schauspielern, die die Bruder Flores Magon moglichst naturalistisch verkorperten, bearbeitete Trevino mit dieser Technik; ihm gelangen Bilder, die wie bewegte historische Dokumentaraufnahmen wirken.

Ricardo Flores Magon ist Hauptfigur mahrerer Drucke des Graphikers und Autodidakten Carlos Cortez, ein naheliegendes Thema fur diesen 60 Jahre alten Kunstler, der Bauarbeiter, aktives Mitglied der IWW un des Movimiento Artistico Chicano of Chicago ist.  Nach eigener Aussage ist Coartez -- der in Milwaukee geboren wurde und jetzt in Chicago, dem historischen Zentrum der IWW, lebt -- Sohn eines Mexican Indian; sein Vater war organizer fur die Wobblies und beteiligte sich 1912 an den Free Speech Fights in San Diego als Redner und Agitator.  Cortez selbst hat eine bewegte Vergangenheit als Bauarbeiter, Faulenzer, Knastbruder, Landstreicher und Fabrikarbeiter.  Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Mitglied der IWW, hat in ihrer Zeitschrift Artikel, Kurzgeschichten, Gedichte, Buchbesprechungen, Photographien, comic strips und Linolschnitte veroffentlicht.  Fur die Mai-Ausgabe des Industrial Worker, den er damals, 1970, mit herausgab, gestaltete er das Titelblatt.  Das Heft enthalt einen seiner Linolschnitte, die Darstellung einer Frau mit ihrem Kind unter der Uberschrift Wir wollen in Frieden leben, die in Englisch, Spanisch un Deutsch gedruckt ist.  Auberdem ein Gedicht von Praxides Guerrero, der ein enger Mitarbeiter der Bruder Dlores Magon war, ubertragen von Cortez und zuvor in der PLM-Zeitschrift Regeneracion veroffentlicht.

1977 entwarf Cortez ein Plakat der IWW in englischer und spanischer Version, das die Idee des Generalstreiks, ein zentrales, politisches Thema der Wobblies, propagierte.  Unter den Uberschriften Sera toda neustra! con la huelga general por la libertad industrial bzw.  All Will be Ours! With the General Strike for Industrial Freedom (Alles wird uns gehoren!  Mit dem Generalstreik fur industrielle Freiheit) sind sechs Arbeiter abgebildet -- Schwarze, Weibe und Mexikaner, darunter zwei Frauen, ein merkwurdigerweise mit nackter Brust.  Vervollstandigt wird die Aussage des Plakats, durch eine feiste Hand, die ein die Herrschaft uber die Industrie symbolisierendes Schlusselbund an die Vertreter der Arbeiterklasse ubergibt. Ein 1973 von Cortez produziertes Joe-Hill-Plakat wurde 1979, anlaBlich des hundertsten Geburtstages von Joe Hill massenhaft als Poster, zusammen mit einem button verbreitet.  Das schwedisch and englisch beschriftete Plakat zeigt Joe Hill als hagere Gestalt mit seinem Akkordeon und Notenblatt; der Text beschreibt ihn als Wanderarbeiter, Gewerkschaftsorganisator, Agitator, Zeichner, Dichter, Musiker und Komponist, ermordet von der Justiz im Einvernehmen mit den Grubenbesitzern, die seine Lieder zum Verstummen bringen wollten.  Sie toteten einen Mann, aber geboren wurde eine Legende.

Die Bedeutung, die Joe Hill fur Kunstler wie Cortez hat, beruht auf seiner Understutzung fur den Kampf der mexikanischen Arbeiter.  Hill hatte eng Beziehungen zu den magonistas, den Anghangern der Bruder Flores Magon, die in Los Angeles sehr aktiv waren, und 1911 nahmen er und andere Wobblies an einer kurzlebigen revolutionaren Aktion in Baja California unter Fuhrrung der PLM teil.  Jack London kam damals eigens nach Los Angeles, um eine Solidaritatskundgebung zu organisieren.  Zwei Jahre spater schreib John Reed seine beruhmten Berichte uber die mexikanische Revolution (Aufruhr in Mexiko).

Die Verwendung von massenhaft verbreiteten Graphiken und illustrierten Zeitungen, die fur die Agitation der Wobblies charakteristisch ist, find ausgepragte Parallelen in den politischen und gerwerkschaftlichen Bewegungen der Mexikaner und Chicanos.  Beispiele dafur sind die ab 1937 von Taller de

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Grafica Popular gedruckten preswerten Linolschnittplakate und Flugblatter, ebenso die in 60er Jahren von der Landarbeitergewerkscaft United Farms Workers (UFW) herausgebene Zeitschrift El Malcriado mit ihren vielen Illustrationen und die Linol- und Siebdruckplakate zeitgenossischer Chicano-Kunstler, die aktiv den Kampf der Arbeiterbewegung unterstutzen. Auf alle Falle lebt dies Traditioin in der Person und im Werk von Carlos Cortez weiter.

Bergarbeiter in der Chicano-Kunst

Die bisherigen Ausfuhrungen bezogen sich fast ausschlieblich auf Darstellungen des Streiks von Cananea und der daran beteiligten politischen Stromungen.  Es gibt aber auch von Chicanos geschaffene Bilder von Bergarbeitern mexikanischer Herkunft, die das Thema allgemein behandeln.

Eines der fruhesten dieser Bilder findet sich in einem 1972 von der Gruppe Artes Guadalupanos de Aztlan in Santa Fe, New Mexico, geschaffenen Wandbild.  Uber die Ecke des bemalten Hauses erstreckt sich die riesenhafte muskulose Gestalt eines Bergarbeiters, der in der einem Hand ein Buch mit der Aufschrift Viva la raza halt und die andere zur hocherhobenen Faust ballt.  Seine Haltung wird auf den beiden angrenzenden Hauswanden wieder aufgegriffen.  Zum einen in einer pra-kolumbianischen Indiofigur und dann als Abbild einer zeitgenossischen Mexikanerin in landlicher Gegend, von der aufgehenden Sonne.

Die autodidaktisch arbeitenden Guadalupanos sind typische Vertreter lokaler Initiativen der neun Wandmalerei-Bewegung, die in den politischen und okonomischen Kampfen der 60er Jahre ihre Anfange hat.  Viele dieser Werke erinnern stilistisch stark an die aus Buchern Bekannten Werke von Siqueiros.  Symbolik und inhaltliche Aussagen entsprechen allerdings den gan-

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Antonio Pazos, El Rio Gehort dem Volk (Ausschnitt), 1975-1977 El Rio Neighborhood Center, Tucson, Arizona. 
Photo: Antonio Pazos
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Artes Guadalupanos de Aztlan, St. Francis Road Mural in Santa Fe, 1972
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