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Retrospektive Robert Motherwell in Düsseldorf

Hs. Der amerikanische Maler und Graphiker Robert Motherwell (geb. 1915) ist ein abstrakter Expressionist der ersten Stunde, ein Hauptmann der neuen amerikanischen Malerei, seit es eine solche gibt. Sein bildnerisches Werk, das er 1940 begonnen hat, reicht von graphischen Blättern über kleine und grossformatige Malereien und die - schon mehrfach in Sonderasusstellungen gezeigten - Collagen bis zu Wandbildern. Aber sein gemaltes (Œuvre, con dem manche Proben - zum Teil auch durch Stiftungen des Künstlers-

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Robert Motherwell: <>; Acryl, 1974

in amerikanische und europäische Museumssammlungen Eingang gefunden haben, ist nur ein Teilausdruck von Motherwells reichfacettierter Persönlichkeit und unruhigem Geist.

Chronist und Kunsthistoriker

Motherwell ist nicht nur Mitbegründer und Mitgestalter der School of New York - der Begriff, 1951 sum estenmal im Vorwort für den Katalog der Ausstellung <> in der Frank Perls Gallery, Beverly Hills, verwendet, geht auf seinen Vorschlag zurück -, er ist auch ihr Chronist und Theoretiker, dessen Zuverlässigkeit die Szenennähe und die Freundschaft mit den andern New Yorker Künstlern garantiert.

dieses Dualismus bewusst ist und ihn auf eine grundsätzliche Art im Aufsatz Modern Artists in America (1952) formuliert hat:
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Keiner aus der Generation der abstrakten Expressionisten hat sich so hartnäckig mit dem Prinzip des Schöpferischen beschäftigt wie Motherwell, keiner fühlte sich so bedrängt wie Motherwell - im Vergleich zu Motherwell haben seine Kollegen und Freunde, Pollock zum Beispiel ihre Vision gestaltet und (deshalb) eine Malerei von ungleich grösserer imagebildender Kraft als dieser hervorgebracht.

Klagelieder, <>-Bilder

Das Image, mit dem sich Motherwell einprägte, beruht namentlich auf zwei <>: auf den sogenannten Klagelidern und den <>-Bildern, die völlig entgegengestzten Gefühlsbereichen entstammen: die einen den düsteren, pathetischen, die andern den heiteren, freien. Beide Erfindungen hat Motherwell über Jahre varuuerend weitergeführt, beide erörtert Robert C. Hobbs in vielseitigen, Literatur und Psychologie bemühenden aufsätzen des zweisprachigen Kataloges, der zur grossen Wanderaustellung in Düsseldorf herausgekommen ist; beiden widmet Jürgen Harten je einen Saal in seinem Düsseldorfer Kunstinstitut.
Die Elegies to the Spanish Republic, 1948 mit Tinte auf Papier begonnen und von da an in Oel- und Acrylbildern bis in diese Tage weiter geführt, sind Malereien in Schwarz und Weiss. Wie mit Paukenschlägen hallt es aus diesen Bildern, zumal aus dem Klagelied Nr. 100 - einem Format von über 2 mal 6 Metern -, in dem das Schwarz als vier senkrechte Riegel und ebenso viele gewaltige runde Ballungszonen den Blick in das Weiss versperren. Jede dieser von García Lorca her interpretierbaren Malereien (<>) spielt die erdrückende Uebermacht des Schwarzes über das Weiss aus - jede versucht, nach des Künstlers eigenen Worten, <>
Neben solchen Schwarzmalereien bechwören die <>-Bilder (seit 1968) eine ganz andere Stimmung. Sie lassen den Blick unbehindert über die Farbfelder wandern, über Ocker, Blau oder Grün, die Erde, Himmel, Wasser oder Wiese meinen und entweder die ganze Bildfläche in Anspruch nehmen oder diese rahmenparallel in ruhiger Art aufteilen. Gleich einem Signet tragen sie etwas über dem Augenhorizont des Betrachters ein mit schwarzer, drahtiger Farbe eingezeichnetes U als einsamen linearen Kontrast zur vibrierenden, seitwärts sich ausweitenden und in sich ruhenden Farbe des Bildgevierts. Ein Blickordner? Ein Visier? Eine Oeffnung? Oder eher eine verschlossene Oeffnung? Ein geschlossenes Fenster? Fragen, die, wie die Beispiele im Katalog zeigen, zu weitschweifenden Ueberinterpretationen verführen und weit von der Realität der Gemälde ablenken können, die sich in der schöpferischen Erfindung doch eher als schwache Spätlinge zu erkennen geben.
Das Manierierte war schon immer eine Gefahr für Motherwell; in den <>-Bildern ist es ihm zum Verhängnis geworden. Das Manierierte wirkt auch mit in den von japanischer und chinesischer Schrift inspirierten Variationen, die, spontan hingemalt, ganz das dynamisch-expressive Gestaltungsprinzip befolgen; es mischt weiter mit in den Collagen, die in farblichem Wohlkang (der sich bis ins Süsse und Gerällige steigern kann), zwischen dem französischen Kubismus und der New Yorker Malerei der schziger Jahre vermitteln. Das Wort von den zwei Modi trifft nicht nur für das (Œuvre zu; in übertragenem Sinne gilt es auch für Motherwell, der stets halb als Schöpfer, halb als Kunsthistoriker, halb als Künstler, halb als Kenner am Wek ist, als Intellektueller bereichert, als Maler indes durch den Intellektuellen gestört.
Die insgesamt 66 Bilder umfassende, in Düsseldorf (bis 10. Oktober) auf drei Säle verteilte Ausstellung wandert anschliessend in die Museen von Stockholm und Wien und wird hernach in den Vereinigten Staaten gezeigt. Die Museen in der Schweiz, wo einst in Sachen amerikanischer Malerei Pionierarbeit geleistet wurde, sehen an dieser Ausstellung vorbei, so wie an der ersten Retrospektive Motherwells vor zehn Jahren vorbeigesehen haben...

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