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322. H. Gomperz,

auf in Gebieten, in welchen die gangbaren Anschauungen noch ausreichen. Sie ist auch stets bereit, bei neuerlicher Erweiterung des Erfahrungsgebietes einer besseren zu weichen." Das ist wohl etwas mehr, als vorher zugegeben wurde. 

Anhänger und Gegner aber wollten Mach um jeden Preis zum Philosophen stempeln. Besonders die letzteren haben dem kranken alten Mann eine ganze Meute von Doktoranden an den Hals gehetzt. Im Grunde ist ihm damit Unrecht geschehen. Wohl kann man seine Grundauffassungen als philosophische betrachten: sie erscheinen dann wenig originell und enthalten gewiß nicht die Antwort auf die letzten philosphischen Fragen. Allein in Wahrheit bedeuten diese Grundauffassuegen für ihn etwas ganz anderes. 

Wer Mach als dogmatischen Philosophen hinstellen will, der muß ihn für einen Erneuerer David Humes und für ein Gegenstück zu Richard Avenarius ausgeben: seine drei Hauptlehren, kann man sagen, sind ihm mit diesen gemeinsam.

1. Mach faßt die wissenschaftlichen Sätze als denkökonomische Hilfsmittel: sie symbolisieren die Tatsachen, so weit diese zu praktischen Zwecken überhaupt aufgefaßt werden müssen, mit hinreichender Genauigkeit; was praktisch unwichtig ist, wird vernachlässigt; alle wissenschaftlichen Sätze gelten daher nur annähernd und zeitweilig.

Damit scheint der skeptische Zug in Humes Philosophie erneuert, ebenso wie in Avenarius' Lehre vom wissenschaftlichen Denken als abhängiger Vitalreihe.

2. Mach leugnet daß die Wissenschaft uns über den Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen belehre, uns eine Einsicht in deren Zusammenhang, in das Wirken und Gewirktwerden, verschaffe. Er ersetzt die Kausalität durch die Funktion, durch die Abhängigkeit im Sinne einer abgekürzten Beschreibung.

Bekanntlich hat auch David Hume die Kausalität geleugnet, sie in bloße regelmäßige Sukzession aufzulösen gesucht, und auch Avenarius möchte sie durch die "einseitige Abhängigkeit" ersetzen.

3. Endlich löst Mach sowohl die Körper wie das Bewußtsein, also die äußere wie die innere Welt, in "Elemente" auf, die er gelegentlich auch "Empfindungen" nennt - z. B. gerade an der angeführten Stelle, an der ja die "Grundauffassung" eben darin bestehen soll, daß "wir die Empfindungen . . . als Weltelemente ansehen".