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sein Nachfolger in der Redaktion, unser um den Verein so verdientes Mitglied, Prof. Höfler, Machs Leistungen in trefflicher Weise gewürdigt hat. Mach hat mehrmals Kollegia über den Physikunterricht an der Mittelschule gelesen, auch einen äußerst instruktiven Vortrag über den relativen Bildungswert der philologischen und der mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer an höheren Schulen gehalten, der die Bedeutung der letzteren in das hellste Licht zu setzen weiß, ohne jedoch, wie es mitunter geschieht, den Wert der ersteren ungebührlich herabzusetzen 1). Mach hat endlich unzählige Jünger der Wissenschaft nicht nur durch Lehre und Beispiel, sondern auch durch Rat und werktätige Hilfe gefördert. Es ist daher ganz selbstverständlich, daß wir dem Leben und dem Lebenswerk dieses großen Mannes ein ganz besonderes Interesse entgegenbringen²).
Ernst Mach wurde am 18. Februar 1838 in Turas, einem kleinen Ort in der Nähe Brünns, geboren. Die Eltern Machs waren ideal veranlagte Menschen. Sie liebten beide die Einsamkeit des Landlebens, welche sie natürlich in ihren weltfremden Ansichten nur bestärkte. Der Vater war ein berühmter Pädagoge und ein großer Naturfreund, die Mutter eine Künstlernatur mit glücklicher Begabung für Malerei, Musik und Poesie. Machs Vater hatte große Vorliebe für die Landwirtschaft. Sein Haus stand in einem großen, herrlichen Garten, den er mit Sorgfalt und Verständnis pflegte. Wenn die Obstbäume blühten, wenn die Rosenknospen aufsprangen, schien dieser Ort den Kindern ein irdisches Paradies.
Wie Machs Vater es verstand, in origineller Weise seinen Sohn für Naturvorkommnisse zu interessieren, mag folgendes Beispiel zeigen, welches Mach in einer Vorlesung über den Physikunterricht an Mittelschulen, die er im Wintersemester 1896 las, erzählte. Als Ernst einen leeren Gartentopf in der Hand hielt, fragte ihn sein Vater, was darin sei. "Nichts", erwiderte der Junge, verdutzt über die Frage. Der Vater verschloß das Loch im Boden des Topfes mit einem Kork und befahl Ernst, den Topf mit der Mündung nach abwärts in einen Wasserbehälter zu tauchen, der in der Nähe stand, und sodann den Kork herauszuziehen. Als nun die Luftblasen aus dem Wasser aufstiegen, fragte der Vater wieder, was in dem Topf gewesen sei und erhielt nun prompt die gewünschte Antwort. (In ähnlicher Weise soll nach Aristoteles schon Empedokles das Dasein der Luft demonstriert haben 3).
Mancherlei Richtungen Machs finden wir bereits bei dessen Vater angedeutet, so die Neigung zur Pädagogik, die Lust am Demonstrieren und Experimentieren und das Interesse an biologischen Vorgängen. Dieses Interesse erfuhr eine bedeutende Förderung durch den Gymnasiallehrer Wessely, durch welchen Mach schon mit 16 Jahren in die Ideen Lamarcks eingeweiht wurde, der zuerst die bis dahin behauptete Unveränderlichkeit der Arten verneinte und die allmähliche Entwicklung des Tierreiches aus der Anpassung an die Lebensbedingungen und dem Gebrauch, bzw. Nichtgebrauch der Organe zu erklären gesucht hatte. Lamarck gilt daher als Begründer der Deszendenztheorie und als Vorläufer Darwins. Als drei Jahre später Darwins Buch von der Entstehung der Arten erschien, machte es auf den so günstig vorbereiteten Jüngling einen ungeheuren Eindruck. Auf die frühe Bekanntschaft Machs mit Darwin glaube ich deswegen hinweisen zu müssen, weil ihre Spuren sich wie ein roter Faden durch seine Werke ziehen.
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1) Gedruckt in den populär-wissenschaftlichen Vorlesungen. 1. Auflage. Seite 313.
2) Das Biographische nach Dr. Hans Henning. Ernst Mach. Leipzig. 1915.
3) Mach, Mechanik. 7. Auflage, Seite 3 u. 101.