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In anderer Richtung vorausdeutend waren für den jungen Mach Kants "Prolegomena zu jeder künftigen Metaphysik", die er mit 15 Jahren in die Hand bekam. Er empfand diese Lektüre als ein ganz besonderes Glück. Sie machte auf ihn einen unauslöschlichen Eindruck, der sich ihm später bei keinem anderen philosophischen Werke wiederholte. Etwa zwei Jahre später empfand er schon die müßige Rolle des "Dinges an sich". 
Mach studierte an der Wiener Universität Naturwissenschaften und arbeitete am Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an dem physikalischen Institut in Erdberg, welches damals der Nestor der österreichischen Physiker, Andreas von Ettingshausen, leitete. Machs erste Arbeit: "Über elektrische Entladung und Induktion" wurde gemeinschaftlich mit dem damaligen Assistenten des Institutes, Pietro Blaserna, gemacht, der später Universitätsprofessor in Rom und Leiter des dortigen physikalischen Institutes wurde. Die erste selbständige Arbeit Machs1) (1860) bezog sich auf die Änderung von Ton und Farbe druch die Bewegung. Sie bespricht und widerlegt die Einwendungen Petzvals und Angströms gegen das Dopplersche Prinzip, erwähnt die Eisenbahn - Experimente Buys-Ballots und Russels (und einen Versuch Fizeaus mit dem Savartschen Rad.) Mach konstruierte selbst einen Apparat, der das Prinzip im Zimmer zu demonstrieren gestattet. Derselbe bestand aus einer sechs Fuß langen Stange, die mittels des Schwungrades der Drehbank in rasche Rotation versetzt werden konnte. Die Stange lief in einem Lager, durch welches eine Luftkanal führte, der von einem Blasebalg bis in eine Durchbohrung des Stabes reichte, an dessen Ende ein kleines Pfeifchen angebracht war. Überdies war eine Vorrichtung vorhanden, um die Zahl der Umdrehungen in einer bestimmten Zeit zu messen. Sobald die Leiste zu rotieren beginnt, hört man den Ton abwechselnd höher und tiefer werden. Je rascher rotiert wird, desto größer wird die Differenz der beiden Töne. Mit diesem Apparat gelang es Mach, überzeugend nachzuweisen, erstens, daß die Erhöhung, bzw. Vertiefung des Tones nur von der Richtung und Geschwindigkeit gegen den Beobachter hin, bzw. von ihm weg abhängt; zweitens, daß die Erscheinung rein subjektiv ist.
Einen ähnlichen, aber bedeutend kleineren, einfacher konstruierten Apparat, der auf die Zentrifugalmaschine montiert werden kann, habe ich bei der Doppler-Feier 1904 unserem Vereine vorgeführt²).
Besonders ist noch hervorzuheben, daß Mach schon 1860 in dieser Abhandlung den ersten Vorschlag zur spektroskopischen Betimmung der Sternbewegung (im Gesichtsradius) gemacht hat. Er sagt nämlich: "Bei den Bestimmungen der Farbe, welche man zum Zweck der Rechnung machen wird, kann man sich nicht auf das bloße Auge verlassen, sondern man müßte beiläufig so verfahren:
Das Bild eines Sternes wird durch das Prisma in ein Spektrum zerlegt, in welchem sich nun zweierlei Linien zeigen: Die einen rühren von unserer Atmosphäre, die anderen vom Sterne her. Die letzteren müssen beim Farbenwechsel ihren Ort ändern und aus dieser Änderung wird die Geschwindigkeit des Sternes bestimmt."
Präziser wurde diese Idee zehn Jahre später, 1870, von Fizeau ausgesprochen und verwirklicht.
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1) Die Änderung des Tones und der Farbe durch die Bewegung. Sitzungsbericht der Wiener Akademie. Band 41, Nr. 17.
²) Vierteljahresberichte des Wiener Vereines zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichtes. IX. Jahrgang, Seite 17.