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gewöhnlichen Interferenzrefraktometer durch spektrale zu ersetzen. Für solche Versuche wählte Mach außer Glas auch frisch erstarrten, reinen Leim, dessen Doppelbrechung im Vergleich zu Glas sehr groß ist. Diesen Untersuchungen ließ er solche mit plastischen, dickflüssigen Substanzen, mit Kanadabalsam und dick eingekochter Metaphosphorsäure folgen (wobei sich herausstellte, daß Kanadabalsam wie Glas bei Druck optisch negativ, die Metaphosphorsäure hingegen optisch positiv wird).
Auch für die Beobachtung und Erklärung der von Stefan entdeckten Nebenringe am Newtonschen Farbenglase hat Mach Interferenzen mit hohem Gangunterschiede verwendet.
Sehr interessante Resultate lieferte die sprektrale Untersuchung eines longitudinal tönenden Glasstabes, der infolge der Bewegung der Teile gegen die Knoten hin, bzw. von denselben weg, Kontraktionen und Dilatationen aufweist und aus diesem Grunde auch periodisch auftretende Doppelbrechung zeigt. Das Überraschendste waren die dabei auftretenden Druckvariationen im Glase, welche auf +- 150 bis +- 180 kg auf den cm² ansteigen. Diese gewaltigen, allerdings nur sehr kurze Zeit andauernden Druckvariationen machen es begreiflich, daß ein Glasstab durch das bloße Tönen zerreißen kann. (Zerschreien von Gläsern.) Solche Versuche beweisen aber auch die Verwendbarkeit solcher akustischer Versuche für Elastizitätsprobleme.
Den bekannten Königschen Brennern hat Mach eine Einrichtung gegeben, durch welche sie empfindlicher und vom Vorhandensein von Leuchtgas unabhängig wurden. Solche Brenner hat Mach auch benützt, um die Trommelfellschwingungen am lebenden Ohre sichtbar zu machen. Auch hat Mach im Gegensatz zu den Königschen longitudinal schwingenden Flammen transversal schwingende herzustellen gewußt, die er auch zur Bestimmung von Luftexkursionen, also zur Messung von Schallintensitäten verwendete.
Eine ganze Reihe akustischer Erscheinungen hat Mach mittels der stroboskopischen Methode beobachten gelehrt. Mach hat dabei zuerst die Verwendung der elektromagnetischen Stimmgabel als Lichtunterbrecher eingeführt und verschiedene Methoden der stroboskopischen Selbstunterbrechung erfunden.
Auch in Prag setzte Mach seine Untersuchungen über die Funktionen verschiedener Teile des Gehörorgans fort. Die wichtigsten derselben, die Untersuchungen über den Gleichgewichtssinn in den Bogengängen des Ohres, beginnen 1873. Sie wurden durch eine Mach sehr frappierende Beobachtung während einer Eisenbahnfahrt angeregt. Als der Zug eine Kurve durchfuhr, sah Mach plötzlich die Bäume, Häuser, Fabrikschlote an der Bahn nicht mehr aufrecht, sondern auffallend schief dastehen. Er stellte sich sofort die Frage: Wie kann mir dieselbe Richtung einmal lotrecht und ein andermal schief erscheinen? Wodurch zeichnet sich das Lot für uns aus? Diese Fragen schienen ihm durch die Annahme gelöst zu werden, daß wir die Richtung der gesamten (resultierenden) Massenbeschleunigung als Lotrechte empfinden.
Mach hatte nun das Bedürfnis, diese seine Vermutung durch Experimente bequemer und gründlicher auszuprobieren, als dies bei einer Eisenbahnfahrt möglich ist. Er ließ zu diesem Zwecke an den Zimmerwänden einen großen Rahmen befestigen, in welchem sich ein zweiter Rahmen um eine lotrechte Achse drehen konnte, und in diesem konnte ein dritter Rahmen in beliebiger Entfernung und Stellung zur Drehachse angebracht werden. Dieser letztere Rahmen trägt einen Kasten mit Papierwänden, in welchem