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zu "erklären", die geheimnisvoll hinter den Erscheinungen wirken und als deren "wahrhafte" Ursachen verehrt werden, sondern die Tatsachen der Erfahrung in ihren Beziehungen zu einander so darzustellen, daß man sie leicht und doch umfassend zu überblicken, zu beherrschen vermag. Daß Mach in der Wissenschaft wie im Leben ein Beziehungstum erkennt und überall die Relativität bloßzulegen versucht, ist von Einstein, dem Begründer der heutigen Relativitätstheorie glänzend anerkannt worden, der in seinem Nachruf auf Mach in der Physikalischen Zeitschrift vom 1. April d. J. betont, wie nahe der Standpunkt Machs in seiner Mechanik dem jetzigen Relativitätsprinzip verwandt ist. Gegenüber der oben erwähnten unangemessenen Aburteilung durch Planck fällt dieses Lob eines hervorragenden Physikers besonders erfreulich ins Gewicht.
Die relativistischen und ökonomischen Gesichtspunkte seiner Mechanik hat Mach in den Prinzipien der Wärmelehre 1896 weiter verfolgt, und es wird berichtet, daß er in gleichem Sinne die Optik soweit bearbeitet habe, daß vielleicht noch deren Veröffentlichung zu erwarten ist. Seine Gesichtspunkte sind von durchschlagendem Erfolge gewesen und werden maßgebend bleiben für alle geschichtliche und erkenntniskritische Darstellung auf diesen Gebieten. Ich selbst habe in gleichem Sinne die Elektrodynamik 1905 behandelt, die freilich einen weit geringeren Zeitraum umfaßt, als jene bis ins Altertum zurückreichenden Zweige der Physik.
Übrigens beweist die kleine, 1872 erschienene Schrift: Geschichte und Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit, daß Mach lange vor Erscheinen seiner Mechanik und schon vor dem Erscheinen des Kirchhoffschen Werkes im Besitz der Leitgedanken war, die seine physikalischen Werke beherrschen. Vor allem werden in dieser frühen Arbeit die beiden Weltallsätze von Clausius über die Energie und über die Entropie ihres bombastischen Aufputzes entkleidet und auf ihren wahren Erfahrungswert zurückgeführt.

Nachdem er so seine Betrachtungsweise auf seine Fachwissenschaft erfolgreich angewendet hatte, verallgemeinert Mach seine Untersuchungen auf die menschliche Erkenntnis überhaupt in den Werken: Analyse der Empfindungen 1885 und: Erkenntnis und Irrtum 1905. Aus diesen umfassenden Darlegungen seiner Weltanschauung seien hier nun ein paar Hauptzüge herausgegriffen.
Zunächst das Grundlegende seiner Auffassung über die Wurzel der Erfahrung, die Erkenntniselemente. Daß er sie anfangs Empfindungselemente nannte, hat viele Mißverständnisse seiner Meinung veranlaßt. Freilich gibt es für mich keine Erkenntnis ohne meine Empfindung, aber dieser psychische Vorgang ist doch nur eine Seite der ganzen Tatsache, die immer sowohl in psychologischen, wie in physiologischen und physikalischen Beziehungen besteht. Darin hält sich Machs Ansicht, wie die von Avenarius, ganz an das natürliche Weltbild, wie es Jeder hatte, ehe er zu philosophieren begann. Das Machsche Erkenntniselement ist ebensowenig nur im Bewußtsein, wie es nur in der Außenwelt ist: nicht etwa als von außen durch den Raum uns zugestrahlte Welle darf es aufgefaßt werden, da ja vielmehr Außenwelt und Raum und Strahlung selbst erst aus Erkenntniselementen bestehen, ebenso wie das Bewußtsein. Das Wort Eindrucksbestandteil für Element würde wohl passend seine Beziehung gleichzeitig zur Eigenorganisation unseres Leibes und unserer Seele, wie