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Wert schwanken und die Abweichungen eine Streuung zeigen, für die sogenannte wahrscheinliche, durchschnittliche, mittlere Beträge angegeben werden können, - alles in logischer Folge aus dem Bernoulli - Gaußschen Verteilungssatze y = k/ [[root symbol]] [[greek letter pi]] e - k²x². 
Hinsichtlich der Lexisschen Vergleicuhng zwischen dem Bernoullischen und dem Gaußschen Präzisionsmaß wurde auf das treffliche Buch von Timerding, Das Gesetz im Zufall, Braunschw. 1915, verwiesen.
Die dritte große Anwendungsgruppe des Sammelbegriffs stammt von Maxwell, das Bewegungskollektiv. Die Geschwindigkeitskomponenten der Teile eines Gases zeigen dieselbe Verteilungskurve wie die Glieder der Binomialentwickling und wie die Messungsfehler, während infolge davon der Geschwindigkeitsgröße selbst ein ganz anderes Verteilungsgesetz (4h³: [[root symbol]] [[greek letter pi]]) v²e - k²v² zukommt. Als Maß der Streuung erscheint die absolute Temperatur des Gases, d. h. die tatsächlichen Geschwindigkeiten der Teile einer Gasmasse schwanken um den durch die augenblickliche Geschwindigkeit der Gasmasse bedingten Mittelwert, der z. B. bei den auf der Erde ruhend erscheinenden Gasen 30 km: sec. ist wegen der Bewegung der Erde um die Sonne. Wie der Maxwellsche Gedanke von Gasen auf alle Körper übertragen werden kann, wie die Brownsche Bewegung (Dr. Haas-Lorentz, Braunschw. 1913) sich ihm fügt, wie von Clausius und von Gibbs geradezu eine statistische Mechanik ausgearbeitet wurde, die jeden Körper als Kollektiv seiner Einzelzustände auffaßt, wie sich hieran seit Boltzmann und Planck die kollektive Begründung des Entropiebegriffs als Linearfunktion des Logarithmus einer Wahrscheinlichkeit angeschlossen hat, - das konnte im Vortrag nur kurz angedeutet werden, um die Weite des Gesichtskreises zu bezeichnen, den der Sammelbegriff für die Physik eröffnet hat. Erscheinungen, wie die der Reibung, des strömenden Wassers, der bewegten Luft, die in der Mechanik nur unter Benutzung von Erfahrungskoeffizienten an die gewöhnliche, sammelbegriffreie Theorie angeschlossen werden können, haben alle das einzigartige, daß sie Kollektiverscheinungen sind, Streuung um einen ausgezeichneten Wert zeigen, worauf der Vortragende 1907 auf der Dresdener Naturforscherversammlung und in den Ann. der Naturphilosophie hingewiesen hat.
Die weiteren für die wissenschaftliche Entwickelung bedeutsamen Sammelbegriffe, Plancks Sammelbegriff der Strahlung, ferner der seit den ältesten Zeiten der Wahrscheinlichkeitslehre als mathematische Hoffnung, Risiko und dergl. bearbeitete Sammelbegriff wirtschaftlicher Werte, endlich die biologischen Sammelbegriffe, die besonders seit Galton den Gegenstand der Variationstatistik und der Erblichkeitslehre bilden, wurden ebenfalls nur angedeutet.
In allen diesen, so weit auseinander liegenden Anwendungsgebieten des Sammelbegriffs handelt es sich nun formal immer um dieselbe mathematische Frage: Wie kann man einen Sammelbegriff genügend kennzeichnen, ohne seine Verteilungs- oder seine Summentafel arithmetisch oder geometrisch in allen Einzelheiten wiederzugeben? Die Angabe eines ausgezeichneten Wertes, des Höchstwertes etwa oder des wahrscheinlichen, durchschnittlichen, mittleren genügt nicht, die Auffassung der Gesamtheit als eines Einzelwesens soll ja gerade überwunden werden. Aber auch die Angabe der Präzision oder ihres Reziproken, der Streuung oder des dieser proportionalen wahrscheinlichen, durchschnittlichen, mittleren Fehlers ist bei allen Kollektiven, die nicht dem einfachen Bernoullischen Gesetze folgen, insbesondere nicht Symmetrie zeigen, unzulänglich. Fechner bereits schlug vor, in solchen Fällen die Streuungen beider Seiten der Verteilungskurve getrennt anzugeben, was selbstverständlich nicht im allgemeinen genügen kann. Mathematisch unvollkommen und willkürlich erscheint die von den Biologen in England und Amerika viel benutzte Pearsonsche Aufstellung weniger Typen, deren immer jeder Sammelgegenstand angehören müsse. Dagegen ist die Frage mathematisch völlig erledigt worden durch Bruns in dem oben angeführten Werke. 
Die Brunssche Entwickelung gestattet, in jedem Falle nicht nur die Krampsche Transzendente aufzustellen, durch die ein vorgelegter Sammelbegriff am genauesten dargestellt wird, sondern auch seine Abweichung von diesem Normaltypus mit beliebiger Schärfe anzugeben. Freilich wird dabei nicht die Frage gelöst, die in der Biologie eigentlich interessiert, nämlich die Darstellung des Sammelgegenstands durch mehrere Krampsche Tranzendenten, mehrere Normaltypen, aus denen er dann nach Erblichkeitsgesetzen hervorgegangen gedacht werden kann. Eine solche, durch Zeichnung oder Rechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate zu erledigende Zurückführung auf Normaltypen scheint bisher nur gelegentlich in grober Annäherung angewandt worden zu sein.