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70                   Zweiter Abschnitt.

Aus zerstossenen, und mit ungelöschtem Kalk, Grünspan, und Salmiak, bis zur gehörigen Dicke gekochten Heidelbeeren, bereitet man das sogenannte Lackmus, blaue Tornis.  Man erhält dieselbe gemeiniglich in viereckigten blauen Stücken aus Holland und Flandern, und pflegen die Holländer diese Farbe, aus dem schon oft angeführten Weid mit faulem Urin, und Kalk zu extrahiren.  Wegen ihrer schlechten Dauer aber ist diese Farbe fast gar nicht zu gebrauchen, und man kann mit anderen blauen Materialien, in kleineren Proporzionen, seinen Endzweck viel besser erreichen.  Nur noch die Maurer brauchen es, um damit dem Kalk beim Weissen der Wände eine bläuliche Farbe auf eine Zeitlang zu geben.  Hin und wieder bedienen sich auch die Frauenzimmer, welche keine bessere Farbe wissen, diese Lackmus zum Bläuen der Wäsche.

VIII.
Blaue Farben zum Email - und Porzellainmalen.

Ueberhaupt muss man bemerken, dass die gefärbten Steine, und Erden auf der Email Farben geben, die weder so rein, noch so lebhaft sind als jene, welche man blos aus dem Kalke der Metalle zieht.  Das Emailblau aber ist eben der kalzinirte Kobolt, der mit Pottasche, und mit glasartigem Sande, und Steinen vermischt ist, welcher, wenn er ins Feuer gelegt, und bis zur Verglasung getrieben wird, ein schönes blaues Glas giebt, welches man nachher stösst, und ein sehr feines Pulver daraus macht, indem man es oft abwäscht.  Man mag aber dieses Pulver so fein gemacht haben, als man will, so ist es immer nichts anderes, als pulverisirtes Glas, welches nicht leicht im Pinsel fliesst, und sich nicht mit Oele vermischt.  Alle Maler wissen, dass es diesen Fehler hat; und da auch dieses Glas ausserdem sehr schwer zu schmelzen ist, so muss man Fluss dazu nehmen, um es zu erweichen, ja man muss eine so grosse Menge dazuthun, dass die Farbe sehr davon geschwächet wird.

Weil man nicht mit Glase malen kann, und die Materien, die man zum Emailmalen nimmt, wenn man sie gebraucht, beinahe die Farbe haben müssen, welche sie haben sollen, nachdem sie geschmelzet worden sind; so muss man sich bemühen, die blaue Farbe so aus dem Kobolte zu ziehen, wie er sie dem Glase giebt, ohne dass er zu Glas gemachet werde.

Eine sehr schönes Tuschblau auf Porzelain, und Emailmalerei wird auf folgende Art bereitet:  Man nimmt Wismuth, pulverisirt ihn auf das feinste in einem gläsernen Mörser.  Hiezu setzet man 12 Loth sublimirten Merkur, welcher aber recht aufrichtig präparirt werden muss, und thut solches in eine gläserne Retorte.  Diese legt man in einen Topf mit Sande, und eine Vorlage davor.  Anfangs giebt man gelindes Feuer, alsdenn etwas stärker, bis endlich der Sand im Topfe fast glühend wird, und der sublimirte Merkur nebst dem Schwefel der Miner überstiegen, und das Rückbleibsel recht aufgeschlossen, und locker geworden ist.  Wenn nun dieses erkaltet, so nimmt man diesen Ueberrest, welcher
am

Transcription Notes:
In paragraph 2, "fiesst" might be "fliesst". On the second-to-last line of the same paragraph, "grosse" has an odd mark where there might (?) be an "l". fliesst grosse