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Von der rothen Farbe für die Malerei.  95

Reibestein, und lässt ihn sodenn in einem Gefässe von Glas, oder Fanance trocknen.  Alsdenn zerreibt man ihn auf das neue mit Urin, thut ihn in das nämliche Gefäss, und giesse so viel Urin darauf, bis er davon überschwemmet wird.  Man lässt ihn alsdenn ruhig stehen, und wenn der Zinnober vollends zu Boden gefallen ist, lässt man den Urin allmählig ablaufen, und thut frischen darauf, der 12 bis 15 Stunden stehen bleiben muss; giesst ihn nachgehends wieder ab, und wiederholet diese Operazion fünf, bis sechsmal.  Dann serschlägt man Enerweis in Wasser, und giesset es in genugsamer Menge auf den Zinnober, dass dieses Wasser vier Finger höher über demselben stehe, als vorher der Urin stand.  Hierauf durcharbeitet man die ganze Masse mit einem hölzernen Spatel, und wenn der Zinnober zu Boden gefallen ist; so lässt man das Flüssige ablaufen.  Man wiederholet dieses wohl dreimal, dass man dergleichen Enweiswasser aufgiesset, wobei man das Gefäss wohl verstopft halten muss.  Hat man das Wasser auf die beschriebene Art zum drittenman zu, und abgelassen, so ist der Zinnober fertig, und man lässt ihn sodenn trocknen.  Manche reiben ihn auch nur mit Kinderurin, oder mit Brandwein auf dem Reibestein, waschen ihn mit eben den Wässern dreimal, und lassen ihn trocknen.  Man verbraucht ihn in der Malerei sehr häufig.

   Auch auf dem nassen Wege kann man den Zinnober erzeugen, nämlich:  wenn man eine halbe Drachme, oder ein halbes Quentchen von einem guten und reinen Queckfilber [sic] nimmt, und es in ein gläsernes Gefäss thut, das eine sehr enge Oeffnung hat.  Giesset auf dieses Quecksilber 3 Quentchen, oder 1 1/2 Unze von der Tinktur des volatilischen Schwefels, oder von dem durchdringenden Liquor des Bonle, und sieht wohl zu, dass das Gefäss nicht mehr, als höchstens halb voll werde.  Wenn es hierauf wohl verstopft wurde, so muss man das Quecksilber in die allerkleinsten Kügelchen zu verwandeln suchen, und zu diesem Ende alle Tage herumrütteln.  Anfänglich wird es schwer werden, wenn man aber mit dem Schütteln fortfährt, und es wechselweise in eine gelinde Wärme setzt, und digeriren lässt, so wird es sich endlich in Zinnober verwandeln unter der Gestalt eines sehr rothen Pulvers.  Der Liquor wird keinen üblen Geruch mehr haben, er wird dagegen ganz klar, und mit einem falzigen Häutgen bedeckt seyn.

   Will man die Leber des flüssigen Schwefels, oder den durchdringenden Liquor des Boyle erhalten, der zu dem Versuche nöthig ist, so mischet man in einen steinernen Mörser nach und nach 3 Pfund in der Luft abgelöschten, und durchgesiebten Kalf, ein Pfund Salmiak, und 8 Unzen Schwefelblumen untereinander.  Wenn dieses Pulver in eine Retorte gethan wird, so giesst man noch 6 Unzen Wasser darauf, bringt hierauf die Retorte in einen Reverberirofen, und legt einen grossen Rezipienten vor, der ein Loch mit Stöpfsel hat, und verlutirt die Oeffnungen mit einem fetten Leime, und mit Streifen von Leimwand, die mit einem Leim, der aus Kalk, und dem Weissen von Eyern gemacht wird, überstrichen worden sind.  Hierauf lässt man die Materien ineinander wirken, ungefähr einige Stunden lang, um dem Wasser Zeit zu lassen, dass es sich einziehen, und

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