Viewing page 153 of 620

This transcription has been completed. Contact us with corrections.

Von der weissen Farbe.               149

ter aber in einer mässig warmen Stube getrocknet werden.  Am besten wäre es, wenn das Bleiweiss allemal unverfälscht gelassen würde.  Allein man hat in den holländischen und englischen Fabriken einmal eingeführt, dass solches allemal mit einer guten Quantität zartgeriebener und geschlämmter Kreide vermischt wird.  Das Englische hält man für noch schlechter als das Holländische, weil noch mehr Kreide darunter steckt.  Nur das in Venedig verfertigte Bleiweiss wird unverfälscht gelassen, daher auch solches vorzüglich gesucht und in viel höherm Preise bezahlt wird.  Man lässt zwar auch in Holland, Engeland und in Berlin einen Theil des Bleiweisses unverfälscht, und sucht hierzu dasjenige aus, welches am besten ausgefallen ist; allein, man nennet alsdenn dieses nicht Bleiweiss, sondern Schieferweiss, oder Schulpweiss, lat. Cerussa lamellata.  Diejenigen also, welche glauben, dass das Schieferweiss grösstentheils aus Zinn verfertiget werde, irren sich.  Das in dem Kommerzio befindliche Schieferweiss ist weiter nichts als das beste und reine Bleiweiss, und ist keine Spur von Zinn darunter.

In der Bleifabrik zu Berlin, kalzinirt man das Blei in Pferdemist.  Das Blei, woraus das Bleiweiss kalzinirt wird, schmelzt man in einem grossen Kessel, und giesst es mit Schmelztiegeln in einen kleinen 2 1/2 Fuss langen 1 1/2 Zoll breiten und einige Linien tiefen Einguss von Eisenblech, so dass nach der Willkühr des Arbeiters kleine Tafeln entstehen, welche 1 1/2 bis 2 Pfund wiegen, und beinahe 2 1/2 Fuss lang, 1 1/2 Zoll breit und einige Linien dicke sind.  Der Einguss stehet beim Giessen auf nassem Sande, damit das Blei bald kalt werde, und die Formen wieder gebraucht werden können.  In dieser Absicht entfernt man sie auch schnell von dem Feuer.  Die Arbeiter rollen die Tafeln mit der Hand zusammen, ohne darauf zu sehen, wie einige Schriftsteller verlangen, dass sich die Flächen nicht berühren.  Das Kalziniren in Mist geschieht in einem Stall, der die Grösse einer mittelmässigen Stube hat.  Auf dem Boden des Stalles wird Mist eine Elle hoch geworfen; und die Arbeiter behaupten aus einer langen Erfahrung, dass der Mist von den Hengsten der beste sey.  Sie müssen aber den Mist von den Wallachen zu Hülfe nehmen, weil jener nicht zureicht.  Vor dem Mist der Stuten hüten sie sich sorgfältig, weil er, nach ihrer Aussage, das Blei nicht kalzinirt.  Auf dem Mist werden die gefüllten Töpfe in verschiedenen Reihen nebeneinander gesetzt, und in jedem Topf wird ein Seidel Bieressig gegossen.  Der stärkste ist jederzeit der beste, und daher würde der Weinessig hierzu am brauchbarsten seyn, wenn nur der festgesetzte Preiss des Bleiweisses die Kosten wieder einbrächte.  Gedachte Töpfe werden von weisser gebrannter Erde verfertigt; ihre Höhe und ihre grösste Weite beträgt 6 Zoll.  Ueber dem Essig passet der Arbeiter in die Töpfe ein Holz ein, und auf dieses wird die Bleirolle gesetzt, und der Topf mit einer Bleiplatte bedecket.  Jeder Topf muss auf allen Seiten mit Mist umgeben werden, und über alle Reihen wird gleichfalls Mist geworfen, und das ganze Lager mit Brettern bedecket.  Auf diese Bretter kann man wieder Mist auftragen, und auf die vorige Art ein neues Lager von Töpfen und Mist aufhäufen, und so lange fortfahren, bis das Gebäude aus-