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6          Erster Abschnitt.

In Ansehung der Tinten muß man vorzüglich die Natur studiren, wenn man treue Vorstellungen liefern will; denn da die Kunst eine treue Abbildung dieser Natur ist, so beruhet ihre Hauptvollkommenheit, besonders bei dem Portrait, auf der richtigen und naiven Nachahmung derselben.

X.

Zweite Anlage mit Grün.

Hat es mit der ersten Anlage, und den Tinten seine Richtigkeit, so punktirt man die Schatten der Karnazionen mit einer grünlichen Mischung aus Ultramarin und Beergelb, oder Hellocker, welche man bei den zurückweichenden Theilen etwas blauer, bei den hervortretenden aber etwas gelblicher hält.

Gegen die Lichtseite hin verschmelzt man die Schatten unmerklich erst mit Blau und dann mit Roth in dem Grund der Karnazionen, nach Beschaffenheit der Stelle, an welcher man arbeitet. Werden durch diese Mischung die Schatten nicht Anfangs, gleich dunkel genug, so überpunktirt man sie zu wiederholtenmalen, bald mit Roth, bald mit Grün, bis sie die gehörige Stärke erlangen.

Bleiben indeß die gedachten Farben noch immer unzulänglich, so hülft man an den dunkelsten Stellen mit einer Mischung von Bister und Hellocker, oder Zinnober nach. Bisweilen bedient man sich auch des Bisters ganz pur, aber sehr dünne und hell.

XI.

Punktirung und Ueberarbeitung der lichten Theile.

Auf die lichten Theile wird mit dünnem Zinnober oder Karmin mit etwas Ocker vermischt, punktirt, damit sie sich desto leichter in den Schatten verlieren, und die Tinten unmerklich in einander verfließen. Man folgt im Arbeiten immer dem Zug des Fleisches. Ob man bei einer schraffirenden Manier gleich die Striche nach allen Seiten zu kreuzen hat; so müssen sie doch in der Richtung der Gesichtstheile merklicher seyn, weil letztere dadurch mehr Rundung erhalten.

Da nun aber diese Mischung ein zu rothes Kolorit machen könnte, wenn man sich ihrer immer bediente; so arbeitet man auch allenthalben, zur Vereinigung der Tinten und der Schatten mit Blau, aus Ultramarin und Indig gemischt, und etwas Grün, aus Ultramarin und Beergelb gemischt. Es muß diese Farbe aber sehr wäßrig seyn, und auf die Wangen und die andern höchsten Stellen der lichten Theile darf nichts davon gebracht werden. Letztere darf man auch mit der ersten Mischung, aus Zinnober und Ocker nicht berühren, sondern muß sie im ganzen Lichte lassen. Eben so verschont man auch gewisse Stellen des Kinns, der Nase und der Stirne. Man hält imgleichen den obern