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20          Erster Abschnitt.

Gliedermann blos zu solchen Dingen gut, die Geduld und Fleiss in Nachahmung der Nebendinge erfordern, als Zeuge, Spitzen, Stickereien.

VIII.

Nöthige Erinnerungen.

Eine unvermeidliche Unannehmlichkeit in der Malerei ist die Nothwendigkeit, Portraits zu malen.  Was diese Arbeit schwer macht, ist nicht sowohl das Treffen der Aehnlichkeit, als die Schwierigkeit, treue, und doch nicht hässliche Vorstellungen zu liefern.  Am wenigsten wird der Ausdruck starker Züge vergeben.  In der Miniatur muss man sich sorgfältiger, als in jeder andern Malerei hüten, diese Züge so scharf zu malen, als sie dem Auge scheinen; es muss stäts Rücksicht auf die Verkleinerung des Gegenstandes genommen werden.

Die Vollkommenheit bestehet in dem feinen Ausdrucke der einzelnen Theile.  Man vernachlässige nichts, was die Physiognomie der zu malenden Personen angenehm charakterisirt; man verfalle aber nicht in jene grobe, freilich leichte Manier gewisser Künstler, die alles überladen sehen.

Es ist dieses ein unumstösslicher Beweis der abgeschmacktesten Mittelmässigkeit.  Man sehe ohne Bedenken alles schöner bei einem Geschlechte, das stäts zu gefallen wünscht.

Die Kunst wird bei allen ihren Bemühungen die Natur immer nur unvollkommen abbilden.  Man muss daher zu rechter Zeit stehen zu bleiben wissen, und nicht vergessen, dass die mannichfaltigen reizenden Bewegungen in der Natur das Bild immer tief unter das Original setzen müssen.

Man mache sich eine Idee von verschiedenen vereinigten Bewegungen in dem zu malenden Gegenstande; man bewahre sie auf in seiner Imaginazion, und besonders sey die äussere Beweglichkeit dem Geiste stäts gegenwärtig.

Nie lasse man sich durch indiskrete Rathgeber abschrecken, die den Künstler durch eine Menge schiefer Urtheile ermüden.  Diese Urtheile sind theils affektirt, und von dem Neide eingegeben; theils sind es blosse Schmeicheleien.  Die unerträglichsten und widerlichsten sind die ungereimten Bemerkungen unwissender und einfältiger Afterkenner.  Wie dem nun sey, so unterdrücke man sorgfältig die Ausbrüche des Unwillens, den ähnliche Sottisen unvermeidlich erregen müssen.

Der Künstler, der sich fühlt, muss, ohne auf Bescheidenheit Verzicht zu thun, alles hören, alles vergleichen; sich aber stäts auf sein Genie und seinen eignen Geschmack verlassen.  Ich rathe ihm, seine Arbeit nicht eher zu zeigen, als bis sie vollendet ist.  Auf diese Weise entgehet er der Gefahr, aus Schwachheit, Gefälligkeit, oder auch aus falscher Ueberzeugung, Aenderungen zu unternehmen, die sie nur entstellen würden.

IX.