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Von den malerischen Kunstwörtern.      33

Es entstehet aus dem Ganzen der Form, und ist von dem Charakter, der aus einzelnen Theilen entstehet, verschieden.  Das Gesicht eines Menschen zeiget bisweilen einen andern Charakter, als derjenige ist, den seine ganze Person ausdrückt.

Anständig.  Die Uebereinstimmung des Zufälligen in sittlichen Dingen, mit dem Wesentlichen derselben.  Das Anständige ist in sittlichen Dingen, was das Uebliche in den Gebräuchen und Moden ist.  Die Fehler gegen das Uebliche, streiten gegen die zufällige Wahrheit unserer Vorstellungen; aber die Fehler gegen das Anständige beleidigen unsere  Empfindungen, und sind darum um so viel wichtiger.  Der Maler, welcher bei der Einsetzung des Abendmahls unter der Tafel einen Hund und eine Katze vorstellt, die sich um einen Knochen zanken, erweckt zufällige Empfindungen, welche der Ernsthaftigkeit der Hauptsache ganz zuwider sind, und sehr anstössig werden.  Eben so anstössig ist es, wenn bei ernsthaften Handlungen, Personen von possirlichem Wesen, Kinder, die mit Hunden spielen, oder diese Thiere, welche die Scene verunreinigen, mit eingeführt werden, wie dieses vielfältig von unbedachtsamen Malern geschehen ist.

Antik.  So werden die Werke der zeichnenden Künste gennant, die ganz, oder in Trümmern von den Völkern auf uns gekommen sind, bei welchen die Künste geblühet haben.  Die, welche aus dem schönsten Zeitpunkte der Kunst in Griechenland, übrig geblieben, und einige andere, die später nach jenem gemacht worden, werden für vollkommener, oder doch der Vollkommenheit sich nähernde Muster gehalten.

Arabeske wird unter dem Worte Groteske erklärt.

Attitüde wird unter Stellung deutlich gemacht.

Attribute.  Symbole, die den Charakter und die Verrichtungen der Figuren, die gezeichnet werden, vorstellen; z. B., die Keule des Herkules, die Palme des Friedens.

Augenmaass.  Die Fertigkeit, Formen, Grösse, und Verhältnisse mit solcher Genauigkeit ins Auge zu fassen, dass die Einbildungskraft eine ganz genaue Vorstellung davon hat.  In zeichnenden Künsten ist das Augenmaass das erste und unentbehrlichste Talent.  Es setzet den Zeichner nicht nur in Stand, jeden Gegenstand nachzuahmen; sondern ihm auch einen Grad der Wahrheit zu geben, der mit grosser Kraft rührt.  Raphael hat einen guten Theil seiner Grösse dem Augenmaass zu danken.

Augenpunkt.  Der Punkt in einem nach der Perspektive gezeichneten Gemälde, auf welchen die Richtung des Auges geht.  Der Augenpunkt wird insgemein mitten in der Tafel genommen.  Dieses geschieht allemal, wenn die Gegenstände, so rechter

II. Band.       E              und

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