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42      Zweiter Abschnitt.

der Stellung und Anlage der Materien.  Nach dem Plinius scheint es, daß bei der Ausführung der ersten Enkaustik das Wachs mit den Farben vermischt worden, ehe man es gebraucht hat.  Es kann seyn, daß man bei dieser Enkaustik das colorirte und zubereitete Wachs in Kästchen mit Fächern that.  Diese Kästchen waren ohne Zweifel von Metall, und konnten auch so beschaffen seyn, daß das Wachs mit den Farben darinn zerschmolzen werden konnte; es mag nun dieß durch die Hitze des Feuers oder des heißen Wassers geschehen, um sie zum Gebrauche des Pinsels tüchtig zu machen.  Wenn das durch Hülfe des Feuers aufgelößte Wachs aufgetragen war, so scheint man sich verschiedener Instrumente dazu bedient zu haben, um die aufgetragenen Farben zu zerschmelzen und zu vereinigen.

Die Operazion der vierten Enkaustik, die man an den Mauern anbrachte, war einfacher.  Man malte mit Farben, die man mit reinem Wasser, oder mit Wasser, das man vielleicht mit ein wenig Leim oder Gummi angemacht, zubereitet hatte.  Wenn die Farben trocken waren, so bedeckte man sie mit Wachs, und nach den verschiedenen Umständen brauchte man den Borstenpinsel zum Auftragen, oder man legte vielleicht sehr dünne Wachsscheiben auf die Gemälde.  In beiden Fällen bediente man sich eines Kohlbeckens voll Feuer.  Dieß Instrument machte das Instrument schmelzend, daß es in die Farbe eindringen konnte.  Die Erfahrung hat uns auch bewiesen, daß die auf diese Art von dem Wachs durchdrungenen Farben eben die Wirkung hervorbringen, wie die erste Art der Enkaustik, und eben dieselben Eigenschaften haben.

Die enkaustische Malerei bröckelt sich nicht, weil sie immer eine Geschmeidigkeit behält, die der Natur des Wachses eigen ist.  Die Sonnenhitze verursacht an ihr keine Veränderung, noch weniger die Stubenhitze.  Die Jahre erregen bei ihr keine Verwandlung.  Mit diesen Vortheilen verbindet sie den Vortheil einer größern Festigkeit.  Die enkaustisch gemalten Werke sind mehr vor aller Gefahr gesichert, als die Fresko- und Wassermalerei.  Denn das Wachs als ein fetter Körper, widerstehet der Nässe und den Eindrücken der Luft, wenn es mit Farbe gemischt ist.  Der Staub haftet nicht an den Gemälden, bei welchen das Wachs die Stelle des Oeles vertritt.  Sie sind niemals eingeschlagen, wie die Maler reden, folglich ist ihre Wirkung immer gleich.  Man hat kein Ultramarin dazu nöthig, diese schöne Farbe, die täglich seltner wird.  Das Berlinerblau, mit Wachs gebraucht, wird niemals grün, eben so, als wenn es mit Oel zubereitet wird.  Man kann es also an die Stelle des Ultramarins setzen.

Die mit Wachs zubereiteten Farben geben diesen Werken ein mattes Ansehen, welches das Licht der Gemälde von allen Seiten zeigt, ohne daß man nöthig hätte, dasselbe zu suchen.  Das Wachs verwahrt das Holz vor Würmern.  Die Erfahrung hat uns gezeigt, das man enkaustisch malen könne nicht allein auf Holz und Gyps, wie die Al-