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44          Zweiter Abschitt.
   
Würde man nicht mit Recht denjenigen, der nur die geringsten Begriffe von der Chemie hat, einer groben Unwissenheit beschuldigen, wenn er die Auflösung des Wachses mit Essenzölen als etwas neues betrachten wollte?  Allein so gering auch der Schein der Neuigkeit bei einem solchen Mittel ist, so ist dennoch das Mittel selbst gut.  Um die Griechen genauer nachzuahmen, verfielen wir darauf, Farben mit dem Wachse zu vermischen, alles dieß kolorirte Wachs in kleinen Töpfen in Fluß zu bringen, es geschwind mit einem Pinsel auf den zum Malen bestimmten Körper zu bringen, und dieß aufgetragene Wachs durch Hülfe einer Kohlpfanne, dergleichen die Vergolder brauchen, in einem gelinden Fluß zu erhalten, damit der Künstler Zeit haben möge, die Tinten zu verschmelzen.  Dieß seiner Einfachheit wegen verführerische Verfahren schien anfangs möglich: allein nachdem wir über die Schwierigkeiten nachdachten, ein Feuer zu bekommen, das ohne die Farben zu verbrennen, sie in dieser Stetigkeit des Flusses erhalten könnte, die zur Arbeit des Malers und Vollkommenheit des Gemäldes, zumal bei langwierigen Werken so nöthig ist, so nahmen wir unsere Zuflucht zu siedendem Wasser, dessen anhaltende Hitze mehr Leichtigkeit und Genauigkeit zu versprechen schien.  Wir bildeten uns sogar ein, durch dieß Mittel die Farben mit dem Wachse reiben zu können.  Ferner glaubten wir, dasß diese getriebenen Farben in Töpfen und auf einer Palette im Fluß erhalten werden könnten, und daß es auch möglich wäre, den Körper, auf dem man malen wolle, mit siedendem Wasser zu erhitzen.  Um nun einen durch siedendes Wasser erhitzten Reibstein zu haben, ließ man eine Art von blechernen Kasten machen, von 16 Zoll ins Gevierte, 2 1/2 Zoll hoch, überall wohl gelöthet, und der gar keine andere Oeffnung, als einen Hals hatte, der im Durchschnitte einen Zoll betrug, und in einem Winkel des Kästchens angebracht war.  Dieser Hals erhob sich zween Zoll hoch über eine von den viereckigten Oberflächen.

Auf der Oberfläche der Seite, wo der Hals ist, ließ man eine Scheibe von gemeiner Dicke auf acht blechernen Zapfen aufsetzen, die nicht polirt war, damit sie zum Reiben der Farben Korn genug haben möchte; denn auf einer polirten Scheibe würde die Farbe ausgleiten und sich nicht reiben lassen.  Man ließ auch blecherne Handhaben dran setzen, um sie bequem fortschaffen zu können.  Wenn das Kästchen beinahe voll Wasser war, so setzte man es aufs Feuer.  Auf die Scheibe that man Wachs und Farbe.  War das Wasser siedend, so schmelzte das Wachs; dann konnte man die Farbe mit einem marmornen Läufer, den man vorher warm gemacht hatte, reiben.  War dieß geschehen, so nahm man die noch flüßige Mischung mit einem elfenbeinernen Spatel auf, und ließ sie auf einer Delfterplatte erkalten.  Mit diesem ersten Versuche zufrieden, ließ man alle andere Farben auf eben diese Art zubereiten, und man sah in der Folge, daß dieß Mittel am sichersten war, immer wohlgeriebene Farben mit Wachs zu erhalten.  Es war nun noch nicht genug, eine gewisse Methode zur Bereitung der Farbe erfunden zu haben: man mußte sie auch zum Gebrauche geschickt machen, um die verschiedenen kolorir-