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Von den malerischen Kunstwoertern.      49

Es wird immer etwas besonders bleiben, daß dieser Schriftsteller, der die Geschichte der griechischen und römischen Malerei und die Nachricht von den Gemälden verfertigt hat, die bei den Völkern Ansehen erlangt hatten, ohne die Namen derer, die sie ausgeführt hatten, zu übergehen; welcher überdieß ein so genaues Verzeichniß geliefert hat, von den Farben, von den Gegenden, wo man sie herholte, von ihrem Werthe, sowohl in Absicht derer, welche die Alten zur enkaustischen Malerei gebraucht, als auch derer, die ihnen nur zur Wassermalerei gedient haben, daß, sage ich, ein solcher Schriftsteller die Operazionen einer Art von Malerei übergehen können, welche Griechenland mit Vortheil ausübte und Rom bewunderte.  Allein weil uns Plinius keine Spuren von dem Verfahren der Griechen, enkaustisch zu malen, hinterlassen hat, so wollen wir es zu erforschen suchen.  Wir haben schon ein Mittel beschrieben: jetzt wollen wir ein anderes vortragen, das sowohl leichter für den Künstler, als auch gewisser in der Ausübung ist.

Man nimmt kolorirte Wachse, welche, wie oben gesagt worden, zubereitet werden.  Man läßt sie in siedendem Wasser zergehen, z.B. eine Unze Wachs in 8 Unzen Wasser.  Sind sie gänzlich zergangen, so schlägt man sie mit einem elfenbeinernen oder weißweidenen Spatel, bis das Wasser kalt wird.  Das Wachs wird durch diese Behandlung zu kleinen Klümpchen und zertheilt genug, um eine Art von Pulver zu bilden, das im Wasser schwimmen wird, und das man immer in einem zugemachten Glase oder anderm Gefäße erhalten muß.  Denn wenn das Wachs trocken werden sollte, würden die Theilchen zusammenkleben, und folglich nicht mehr gehörig zu brauchen seyn.  Man thut eine Porzion von jedem dieser zubereiteten Wachse in kleine Töpfgen, und verfahre mit gewöhnlichen Pinseln eben so, wie beim Wassermalen.  Weil man aber die Tinten nicht mit dem Spatel auf der Platte mischen kann, indem das Wachs zu Klumpen werden würde, so muß man dieß mit dem Pinsel thun, welches die Maler in andern Arten der Malerei nennen: Tinten mit der Pinselspitze machen.  Man übt diese Enkaustik auf blossem Holze aus, oder auch auf Holz, das mit Wasser überzogen ist.  Man wendet hierzu eine Behandlung an, welche wir in der Folge beschreiben werden, so die Art auf Wachs im Wasser zu malen erleichtert.

Wenn das Gemälde fertig ist, fixirt man das kolorirte Wachs mit einem Kohlbecken zum Vergolden, oder mit einem Kohlentiegel voll glühender Kohlen.  Wählt man das Kohlbecken, so muß man das Gemälde senkrecht drüber halten: bedient man sich aber des Kohlentiegels, so muß man ihm eine wagerechte Stellung geben.  Auf beide Weise wird das Wachs leicht zergehen, sich fest ans Holz hängen und eine lebhaftere Farbe bekommen.  Mit solchen Farben und nach dieser jetzt beschriebenen Behandlung wurde das oben erwähnte Gemälde der Minerva zum zweitenmale bearbeitet.  Der Künstler war ein wenig zufriedener.  Allein diese zweite Manier enkaustisch zu malen, hatte doch noch

II. Band.          G                    mehr