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50             Zweiter Abschnitt.

mehr Schwierigkeiten, als die Oelmalerei, worinn der Künstler seine Fertigkeit hatte.  Er wollte sein Gemälde gerne endigen, und endigte es auch in der That mit Farben, die mit Wachs und mit Firniß zubereitet waren, eine Manier zu malen, die wir bald abhandeln werden.  Sie war desto mehr nach seinem Geschmack, da sie sich der ihm geläufigen Art zu malen näherte.  Das Gemälde der Minerva wurde also ein zusammengesetztes Stück, wovon drei Viertheile nach der enkaustischen, und ein Viertheil nach der Wachsmalerei ausgeführt war.  Unterdessen mußte der Maler gestehen, daß er sein Gemälde ohne die Wachsmalerei würde haben endigen können.

Bei den beiden jetzt beschriebenen Verfahren hatten wir uns verpflichtet, dem Plinius buchstäblich zu folgen.  Wir glaubten aber auch, es würde uns erlaubt seyn, ihn zu erklären.

Drittes Mittel.  Wenn die beiden Mittel, die wir nun anzeigen wollen, sich weniger von dem entfernen, was Plinius von der Malerei der Griechen sagt, so bewegt uns eine sehr wahrscheinliche Vermuthung zu glauben, daß die Griechen vorzüglich von dieser dritten und vierten Manier Gebrauch machten.

Die Wassermalerei war die erste bekannte Art zu malen: ihr folgte die Enkaustische.  Wenn die Künste, wie man nicht zweifeln darf, der Ordnung der Begriffe folgen, so bietet ein Mittel das andere dar, und das zweite hat gemeiniglich Theil an dem, was ihm den Ursprung gab.  Die Wassermalerei ist also wahrscheinlich der Grund der Enkaustischen, ob sie gleich wenig Aehnlichkeit mit ihr zu haben scheint; und dieß mußten wir nothwendig zum Grunde legen, um das Geheimniß dieser Malerei zu entdecken.  Farben mit Gummi, die mit Wasser aufgelößt sind, gemischt auf den zum Malen bestimmten Körper tragen, mit Wasser auf Körper malen, welche die Farben, wie die Gummi behalten, mit eben diesem Gummi aufgetragenen Farben bedecken, heißt die Wassermalerei: Farben, die mit einem Wachs zubereitet sind, mit dem Pinsel verbreiten, die schon aufgetragenen Farben mit Wachs bedecken: Farben auf einen mit Wachs überzogenen Körper tragen, sie, indem das Wachs zergehet, durch Hülfe des Feuers fixiren, daß sie das Wasser nicht durchdringen und auflösen kann, heißt enkaustisch malen, heißt, die Absichten erreichen, welche sich die Griechen bei dieser Malerei vorsetzten, nämlich, Gemälde zu verfertigen, die von den Unbequemlichkeiten der Wassermalerei frei sind.  Wir waren also überzeugt, daß, wenn man nur reines Wachs zum fixiren der Farben durch Hülfe des Feuers brauchte, wir auf den Fußstapfen der Griechen gehen würden, es sey nun, daß die Farben mit dem Wachse verbunden würden, ehe man sie noch mit dem Pinsel behandelte, oder daß diese Verbindung erst nachher geschähe.  Ferner glaubten wir, daß, wenn wir die Farben so brauchten, wie wir jetzt erzählen wollen, wir mit desto mehr Gewißheit auf dem Wege gehen würden, den die Griechen natürlicherweise nehmen
                           muß-