Viewing page 335 of 620

This transcription has been completed. Contact us with corrections.

Von den malerischen Kunstwörtern.      59

der blosen Natur.  Jede Gattung des Inhalts theilet sich wieder in verschiedene Arten.  Die erste Gattung enthält allegorische Gemälde, Historien, Schlachten, Gesellschaftsgemälde, die Scenen des gemeinen Lebens vorstellen, und auch blos einzelne Charakter, nämlich Portraite.  In der zweiten Gattung hat man Jagden, Viehstücke, Geflügel.  In der dritten unterscheidet man Landschaften, Perspektiven, Fruchtstücke, Blümenstücke.

Gemein.  Was sich von andern Dingen seiner Art durch keinen merklichen Grad der Schönheit oder Vollkommenheit auszeichnet.  Es kann ein Werk in Absicht auf die Wahl der Materie gemein, und in Ansehung der Kunst groß und vortreflich seyn.  Die Künstler müssen sich hüten, ihren Stoff nicht aus dem gemeinen Haufen der Dinge zu nehmen, sondern, so viel als möglich, edle, große, neue Gegenstände wählen.

Genien.  Figuren von Kindern mit Flügeln vorgestellt, die verschiedene Attribute haben, wodurch in der Komposizion die Eigenschaften der Tugenden, Leidenschaften und dergleichen angedeutet werden.

Gesichtskreiß.  Bedeutet den ganzen Raum, den ein Mensch mit unverwandten Augen übersehen kann.

Gesichtspunkt.  Der Ort, aus welchem man eine Landschaft, oder jede andere Scene sichtbarer Dinge übersieht.  Eine Stadt, oder ein Garten zeiget sich ganz anders, wenn man von einer nahen Höhe darauf herunter sieht, als wenn man weit davon entfernt, oder weniger hoch steht.  Also verändert der Gesichtspunkt die anscheinende Gestalt der Dinge.  Es kömmt also bei Gemälden und Zeichnungen sehr viel darauf an, daß man für jede Scene einen vortheilhaften Gesichtspunkt annehme.  Die schönste Landschaft könnte aus einem Gesichtspunkte gezeichnet werden, in dem sie ihre Schönheit verlöre.  Nach dem Gesichtspunkt, den der Maler bei seiner Zeichnung festsetzt, muß sich alles Perspektivische dieser Zeichnung richten.

Gewand.  Mit diesem Worte drückt man überhaupt alles aus, was in zeichnenden Künsten zur Bekleidung sowohl der Figuren, als auch lebloser Dinge gebraucht wird; und was man in der Kunstsprache gar oft mit dem französischen Worte Draperie bezeichnet.

Gezwungen, nennt man in der Malerei alles, was den natürlichen und ungekünstelten Bewegungen widerspricht, die wir überhaupt, oder unter gewissen Umständen wahrzunehmen gewohnt sind.  Das Gezwungene ist eine Lüge, die man uns für eine Wahrheit aufdringen will.  Der Künstler hat sich vor nichts sorgfältiger in Acht zu nehmen, als vor dem Gezwungenen.

H 2          Glie-