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Von den malerischen Kunstwörtern.     73

Suchglas.  Ein Vergrößerungsglas, dessen man sich in der Miniaturmalerei bedient, um die Ungleichheit im Kolorit zu entdecken.

Symmetrie.  In zeichnenden Künsten wird dieses Wort gemeiniglich gebraucht, um die Art der Unordnung auszudrücken, wodurch ein Werk in zwei gleiche oder ähnliche Hälften getheilt wird.  Die Natur ist die erste Lehrerinn der Symmetrie; sie beobachtet besonders in der Form der thierischen Körper das genaueste Ebenmaaß.  Ein Arm steht z. B. nicht höher als der andere; ein Fuß ist nicht kürzer, ein Auge nicht höher, als das andere.  In den Werken der Kunst wird diese Einrichtung deßwegen überall, wo gleiche oder ähnliche Theile nothwendig sind, ebenfalls beobachtet.

Ton.  Ist der Charakter, das ist, das Sittliche oder Leidenschaftliche des farbigten Lichtes, das in einem Gemälde herrscht.  Daß in dem Kolorit eines Gemäldes solche Charaktere statt haben, fällt auch dem unachtsamsten Menschen in die Augen.  Der fürchterliche Himmel, der ein nahes Gewitter verkündiget, und der liebliche Frühlingsmorgen, beweisen dieses allzudeutlich.

Tinte.  Man bezeichnet mit diesem Worte eine künstlich gemachte Farbe, durch welche die natürliche Farbe eines Gegenstandes nachgeahmt wird.  Spricht man von einem Gewande, so sagt man, die Tinte sey gut; von einem Grund sagt man, er sey von gutem Tone, und von dem Fleisch, die Farbe sey gut.

Ueberarbeitet.  Retuschirt.  Man sagt von einem Gemälde, es sey von diesem oder jenem Meister überarbeitet, wenn er dasselbe nach seinen Zeichnungen von einem andern hat ausführen lassen, am Ende aber selbst die Unvollkommenheit gebessert, und die letzte Hand angelegt hat.  Es giebt Gemälde, die für Originale gelten, und doch bloße Kopien sind, welche von dem Urheber des Originals überarbeitet wurden.

Uebertreibung.  Ueberladung, Evagerazion.  Man sagt von einem Gemälde, es seyen die Farben übertrieben, wenn sie entweder in den Lichtern, oder in den Schatten das Natürliche überschritten und zu stark sind.  Man kann diesen Fehler nicht sorgfältig genug vermeiden, zumal in den Schatten, welche nothwendig durchsichtig werden müssen.

Uebliche, oder Kostum, ist in Vorstellungen, die aus der Geschichte der Völker genommen sind, das Zufällige, in so ferne es durch die allgemeine Gewohnheit des Volkes und der Zeit, woraus der Gegenstand genommen ist, bestimmt wird; oder das, was mit den Moden und Gebräuchen der Völker und der Zeiten übereinkömmt: wenn Römer, als Römer, Griechen, als Griechen gekleidet sind, römische und griechische Gebräuche beobachten, und überhaupt in dem wahren Charakter ihrer Zeit vorgestellt werden, so sagt man, das Uebliche sey dabei beobachtet.

II. Band.        K         Uebun-