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Von der Farbengebung insbesondere.                      83

der hellen Farbe eines in der Nähe liegenden Körpers verursacht wird.  Denn da die Farben der Körper nichts anders sind, als das von ihnen zurückprellende Licht, das in unserm Auge das Gefühl ihrer Farben verursachtet, so siehet man leicht die Möglichkeit ein, daß die Farbe eines Körpers so helle seyn kann, daß sie nicht blos auf unser Auge, sondern auch auf die Farbe der nahe gelegenen Körper ihre Wirkung thut, und diese in etwas verändert.  Es dürfen nur zwo Flächen von verschiedener Farbe nahe an einander seyn, wie bei den Kleidungsstücken, Falten, Blumen u. s. w. so wird man den Einfluß der reinen Farbe in den Schein der anderen ohne alle Mühe wahrnehmen.  Dasselbige Kleid verändert seine Farbe um etwas, wenn die Wände des Zimmers, darinnen wir sind, sehr weiß, oder sehr gelb, oder sehr roth sind; weil die helle Farbe der Wand, als ein Licht auf das Kleid fällt, und also nothwendig eine Aenderung darauf verursachet.  Daher ist die Kenntniß der Widerscheine ein wichtiger Theil der Theorie des Malers.

Ein Maler muß also nicht nur die Farben der Dinge selbst, sondern auch diejenigen sehen, deren Farbe reflektirt.  Ohne diese genaue Kenntniß kann er nicht Sammet als Sammet, Taffet als Taffet, Damast als Damast, polirte metallne Gefäße als solche vorstellen.  Der verschiedentlich gefärbte Himmel giebt ähnliche Vermischungen von Farben.  Bei hellem und stark blau gefärbten Himmel kann eine im Schatten stehende weisse Mauer ins Blaugraue oder vollends ins Blaue fallen.  Eben der blaue Himmel kann eine blaue Farbe noch stärker blau, eine gelbgrüne vollends grün, eine braunschwarze, vollends schwarz, eine dunkelrothgelbe braun, eine rothe mehr violet scheinend machen.  Die Abend und Morgenröthe thut in Absicht auf die rothe Farbe ähnliche Wirkungen.  Sie verwandelt das Blaue ins Purpur, das Gelbe ins Pomeranzenfarbichte, dieses ins Mennig- oder Zinnoberrothe.

Jedes widerscheinende Licht hat seine Farbe, die sich mit der eigenthümlichen Farbe des von dem Hauptlichte erleuchteten Körpers vermischt, folglich in dieser eine Veränderung verursachet.  Die durch den Widerschein verursachten Farben, entstehen aus Vermischung der eigenthümlichen Farben des Gegenstandes, auf den der Widerschein fallet, und der Farbe, die der Widerschein gebende Körper hat, so, dass z. E. der von einem blauen Körper auf einen gelben fallende Widerschein, eine grünliche Farbe verursachet, und so auch in andern Fällen.

Die Reflexe der Gegenstände sind daher von zweierlei Art.  Einmal werden sie von ihrem eigenen Kolorit verursacht, und hernach von einer andern gegenüber stehenden Sache.  Im ersten Falle sind sie mit den Farben des Kolorits selbst, oder welches einerlei ist, mit der Lokalfarbe zu machen.  Im letztern Falle aber nimmt man etwas von der Farbe dazu, welche gegen das Kolorit reflektirt.

L2         Man