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Von der Farbengebung insbesondere.  87

gelb zusammen vermischt wird, so enstehet eine graue und unreine Farbe, und eben solche aus Zinnober und Himmelblau.  Mischt man die einander widrigen Farben zu gleichen Theilen, so entstehen unkenntliche Farben, welche sich schwer benennen lassen.

Wenn also eine helle Farbe mit einer hellen, oder eine dunkle mit einer hellen sich schön vereinigen soll, so müssen beide Farben keine Antipathie mit einander haben, daß sie einander nicht verderben oder unrein machen, wenn sie unter einander gemischt werden; nämlich die dritte Farbe, die durch Vermischung der beiden erstern entstehet, muß so beschaffen seyn, daß sie eine angenehme liebliche Harmonie zwischen ihnen hervorbringt, dergestalt, daß wenn eine dunkle mit einer hellen Farbe vermischt wird, die Schatten gegen das Licht zu immer schwächer werden, und es dem Auge doch vorkömmt, als wenn sie ihre Farbe nicht verändert hätten. 

Wenn es sich zuträgt, daß zwei helle Farben, die mit einander vereinigt werden sollten, eine Antipathie gegen einander haben, so, daß aus ihrer Vermischung eine unangenehme unreine Farbe entstehet, welche der Absicht zuwider ist, und die schöne Vereinigung nicht hervorbringt; so muß eine dritte Farbe gefunden werden, die zwischen beide gelegt wird, und diese muß die Eigenschaft haben, daß sie eine liebreiche Harmonie macht, wenn sie mit den beiden andern gehässigen vermischt werden.  Z. E. blaue und gelbe Farben verlangen bei ihrer Vereinigung in gewissen Fällen eine Zwischenfarbe, welche aus Aschfarbe und Weiß besteht.  Eben diese Regel gilt auch, wenn eine dunkle mit einer hellen zu vermischen ist. 

Es giebt aber auch eine gewisse Freund- und Feindschaft der Farben in Ansehung der Lage neben einander.  Das Auge sowohl, als alle anderen übrigen Sinne, können dergleichen Dinge nicht vertragen, die einander äußerst zuwider sind.  Dem Gesicht ist das äußerst Schwarze und äußerst Weiße zuwider.  Die Augen können das schöne Blaue oder Azur neben dem glühend Rothen nicht ohne Verdruß ansehen, ob sie gleich durch en Glanz dahingezogen werden.  Ein Maler muß also alles, was sowohl in Farben, als in Lichtern und Schatten einander äußerst zuwider ist, vermeiden, mithin sich bestreben, dort eine Mittelfarbe anzubringen, welche an beiden Theil nehme.  Man muß sich dieser äußersten Dinge nicht anders bedienen, als die Tonkünstler den Mißklang oder falsche Töne gebrauchen. 

Selbst solche Rauhigkeiten, welche man den Kontrast der Farben nennen kann, verursachen öfters eine große Wirkung, und zwingen das Auge durch eine gewisse Macht, sich nach besondern Gegenden des Gemäldes, wohin man es haben will, zu wenden.  Es erfordert aber viel Geschicklichkeit, sie an die gehörige Stelle zu bringen.  Ein blaues Gewand mit grasgrünen Bändern und zinnoberrother Unterkleidung, macht eben nicht den
fein-