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H. Gomperz,

Allein auch die Ersetzung der Kausaliäat durch die Funktion ist bei Mach nicht wie bei Hume Ergebnis der Spekulation, vielmehr führt auch zu ihr die Besinnung auf das Wesen der mathematischen Physik, die tatsächlich nicht Kausalitäten ermittelt, sondern Funktionen.
Und ebenso ist bei Mach auch die Denkökonomie keine skeptische Schrulle, überhaupt kein Erzeugnis des Zweifels, vielmehr der umfassenden Betrachtung der Wissenschaftsgeschichte:  dem Verfasser der "Mechanik" und der "Wärmelehre" haben sich die einzelnen physikalischen Theorien der großen Physiker als denkokönomische Leistungen erwiesen.
So sind denn Machs Grundanschauungen - und eben das hat ihnen m. E. solchen Einfluß gesichert - nicht Ausgeburten des bloßen philosophisch-spekulativen Triebes, sondern Früchte der kritischen Besinnung auf das Wesen der wissenschaftlichen Forschung.  Und in diesem Sinne schließen sie nicht an das Denken David Humes an, sondern an das Immanuel Kants.  Ich wenigstens weiß (Hermann Cohens Wollen in Ehren!) niemand zwischen Kant und Mach, der so energisch die Frage nach dem Wesen der Wissenschaft in den Mittelpunkt seines Philosophierens gerückt hatte.  Daher ist es kein Zufall, daß Mach selbst erzählt (ebd., S. 21):  "Ich habe es stets als besonderes Glück empfunden, daß mir sehr früh (in einem Alter von 15 Jahren etwa) ... Kants 'Prolegomena zu jeder künftigen Metaphysik' in die Hand fielen.  Diese Schrift hat damals einen gewaltigen unauslöschlichen Eindruck auf mich gemacht, den ich in gleicher Weise bei späterer philosophischer Lektüre nie mehr fühlte."  In der Tat, der Methode seines Denkens nach ist Mach Kantianer, nur hat er die Frage:  Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?  ersetzt durch die anspruchslosere, aber allgemeinere Frage:  Was sind synthetische Urteile?, und er findet:  Sie sind Versuche, nach Maßgabe der verfügbaren Geisteskräfte mit einer für vorausgesetzte Zwecke ausreichenden Genauigkeit die Abhängigkeitsbeziehungen von Elementen zu beschreiben, die an sich weder objektiv noch subjektiv sind, jedoch beides werden können, je nach dem Zusammenhange, in dem sie betrachtet werden.
Diese Antwort beantwortet nicht alle Fragen, die gestellt werden können, allein sie beantwortet die gestellte Frage, und zwar, wie ich glaube, in der Hauptsache richtig: alle Sätze über Tatsachen sind