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326 H.Gomperz,

Die Idee reifte aus, und in einer der nächsten Sitzungen der erwähnten Kommission brachte sie mein Vater zur Sprache. Zunächst war einige Scheu vor Machs "radikalen" Ansichten zu überwinden, die sich indes durch den neuerungsscheue Gemüter beruhigenden Hinweis beschwichtigen ließ, Machs Ansichten wiesen mit denen "des Bischofs" Berkeley nahe Verwandtschaft auf. Allein ein anderes Hindernis richtete sich drohend auf. Das einzige ausdrücklich zur Vertretung des philosophischen Faches berufene Mitglied der Kommission, Robert Zimmermann, der Herbartianer, sah in der Berufung eines Physikers auf einen philosophischen Lehrstuhl eine Herabsetzung der Philosophie: sollte ein solcher Vorschlag die Mehrheit finden, so werde er der Fakultät ein Minderheitsvotum vorlegen. Nun geschah es aber (wohl hauptsächlich aus Gründen der Art, wie sie überhaupt den Erfolg von "Außenseitern" zu begünstigen pflegen), daß schließlich alle anderen Mitglieder der Kommission ihre Stimmen auf Mach vereinigten. Und da erklärte denn Zimmermann, der einstimmigen Meinung seiner Kollegen wolle er sich anschließen und sei auch bereit, den Bericht in ihrem Sinne zu erstatten. Und dieser Bericht Zimmermanns - wie oft hat sich mein Vater lachend dessen erinnert! - begann dann etwa folgendermaßen: "Schon die Stoiker teilten die Philosophie in Logik, Physik und Ethik ein. Es ist daher wünschenswert, daß von den drei für Wien in Aussicht genommenen philosophischen Lehrkanzeln eine mit einem Logiker, eine mit einem Ethiker, die dritte aber mit einem Physiker besetzt sei..." So rasch war die Formel zur Hand, das eben noch als umstürzend Zurückgewiesene als überlieferungsgemäß und grundsätzlich einzig empfehlenswert darzutun.
Nach Machs Übersiedelung nach Wien hatte ich die Freude, ihn persönlich kennen lernen und mündlich, gelegentlich auch brieflich und im Druck mich mit ihm auseinandersetzen zu dürfen (S. Ztschr. f. Philos. u. philos. Krit., Bd. 118, S. 241 ff.; Anal. d. Empfindgg., Vorwort zur 3. Aufl.; H. Gomperz, Problem d. Willensfrht. S. 160 Anm.). Neben dem mir zugewandten gütigen Wohlwollen hat sich mir dabei immer aufs neue und immer stärker eine Eigenschaft als die für Mach am meisten charakteristische, ihn vor allen anderen Menschen, die ich gekannt habe, auszeichnende aufgedrängt: ich habe sie schon vor vielen Jahren in folgenden Sätzen zu kennzeichnen gesucht (Berner "Bund" vom 5. April 1903): "Die 'Analyse der Empfindungen'... gehört zu jenen wenigen Büchern, die man fast