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Arbeit. Mach zeigt, daß dieser Satz in der Form: "Arbeit aus dem Nichts zu schaffen oder ein Perpetuum mobile zu konstruieren, ist unmöglich" nicht so neu ist, als man gewöhnlich glaubt, daß er fast allen bedeutenden Forschern von Stevin bis Galilei an vorschwebte, daß er schon vor der mechanischen Weltanschauung vorhanden war und bloß eine besondere Form des Kausalgesetzes ist. Mach hat hier den ersten Versuch gemacht, seinen erkenntnistheoretischen, auf sinnesphysiologischem Standpunkte fußenden Standpunkt in bezug auf die Gesamtwissenschaft zu umschreiben und insbesondere in bezug auf die Physik schärfer zu bezeichnen, man findet hier schon die originellen Auffassungen, die Mach von Raum und Zeit und vom Kausalgesetz hat. Raum und Zeit sind ihm Bestimmungen von Erscheinungen durch andere Erscheinungen. Das Kausalgesetz ist ihm hinreichend bestimmt, wenn man sagt, es setze eine Abhängigkeit der Erscheinungen voneinander voraus und die Erforschung dieser Abhängigkeit ist das Ziel der Naturwissenschaft.
In weiterem Umfang vertritt Mach diese Anschauungen in seinem weltberühmten Buche: "Die Mechanik in ihrer Entwicklung, historisch-kritisch dargestellt." Mach hält dafür, daß sich die Lehren der Mechanik aus den Erfahrungssätzen des Handwerks durch intellektuelle Läuterung ergeben haben. Noch weiter als in seinem Buche über die Mechanik greift Mach bezüglich dieser Ansicht in dem 1915 erschienenen Buche: "Kultur und Mechanik" (Stuttgart, Speemann) zurück, wo er sich in die fernsten Uranfänge mechanischer Betätigung zurückdenkt. 
Gestützt auf die umfassendste und tiefste Kenntnis des Werdeganges der Mechanik, führt uns Mach in die Gedankenwelt der großen Geister ein, welche die Gesetze dieser Wissenschaft formuliert haben. Mit diesem historischen Geiste verbindet er eine außerordentliche Kraft der Kritik, welche schonungslos alle metaphysischen Überreste, die selbst noch bei hervorragenden Meistern des Faches offen oder versteckt vorhanden sind, aufzeigt und hinwegräumt.
Besonders wertvoll ist Machs Kritik der Newtonschen Sätze. An der Hand einer Gegenüberstellung dieser Sätze und der sie betreffenden Einwürfe Machs bemerkt Einstein in seinem schönen Nachruf in der Physikalischen Zeitschrift (XVIII, 7), daß Mach alle die schwachen Stellen der Newtonschen Mechanik klar erkannt hat, und daß er schon vor fast einem halben Jahrhundert nahe daran war, eine Relativitätstheorie zu fordern.
Auch die Betrachtung des Newtonschen Eimerversuches 1) zeigt Einstein, wie nahe Machs Geiste die Forderung der Relativität im allgemeinen Sinne (Relativität der Beschleunigung) gelegen war. Wir erfahren mithin von berufenster Seite, daß Mach als Vorläufer der Relativitätstheorie zu gelten hat, was für seine Bedeutung als Physiker von der allergrößten Wichtigkeit ist²).
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1) Die Mechanik in ihrer Entwicklung. 7. Auflage, Seite 220.
²) als Relativist zeigt sich Mach schon in der bereits früher erwähnten Abhandlung: "Die Geschichte und Wurzel des Satzes von der Erhaltung der Arbeit." (Zweiter unveränderter Abdruck nach der in Prag 1872 erschienenen ersten Auflage.) Leipzig, Joh. Amb. Bart, 1908. Siehe Seite 34-37 und 56, 57. Mach hat dies auch selbst erkannt, denn er sagt in den Bemerkungen zum zweiten Abdruck 1909 (am Schlusse des Werkchens, Seite 60):
"Raum und Zeit werden hier nicht als selbständige Wesen, sondern als Formen der Abhängigkeit der Phänomene voneinander aufgefaßt. Ich steuere also (hier) auf das Prinzip der Relativität los." (Vergl. "Zeit und Raum, physikalisch betrachtet" in "Erkenntnis und Irrtum", 1905 (Seite 426). Vergl. H. Minkowski: "Raum und Zeit", 1909).