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6)

das Bild von der Natur mehr einem Traume als der Wirklichkeit. 
Für selbständige Lehre von den Dimensionen der physikalischen [[underlined]] Masse [[/underlined]] wird unnöthig sein. Das Verständnis derselben u. das Bedürfnis nach derselben kann durch gelegentliche einfache Fragen entwickelt werden. Es ist g = 2s/t² Welche Zahl für die Beschleunigung erhalte ich, wenn ich statt der Sekunde die doppelte Zeiteinheit wähle? T = [[Pi]] [[root symbol]]l/g. Wieso erhalte ich eine Zeit, wenn ich die Maßzahl einer [[underlined]] Länge [[/underlined]] durch die Maßzahl einer [[underlined]] Beschleunigung [[/underlined]] dividiere u. daraus die Wurzel ziehe? Weil g = 2s/t² folglich T = [[Pi]] [[root symbol]]lt²/2s, weil also unter dem Wurzelzeichen das Quadrat einer Zeit steht. Wann u. warum erhalte ich die Schwingungsdauer in Sekunden? 
[[right margin]] 
T = [[Pi]][[root symbol]]l/g
T = [[Pi]][[root symbol]]l:2s/t²
T = [[Pi]][[root symbol]]l*t²/2s
[[/right margin]]
Ebenso leicht kann gelegentlich bemerkt werden, daß keine physikalische Constante vollkommen genau angegeben werden kann, ohne deshalb auf eine ganze Fehlertheorie einzugehen. Welchen Fehler mache ich bei Bestimmung der Beschleunigung g = 2s/t², wenn ich bei Zählung der Zeit einen gegebenen Fehler gemacht habe?
In jungen Köpfen entsteht bei unvorsichtigen Unterricht leicht die Meinung, als könne man mathematisch beweisen, daß die Natur so sein müsse u. nicht anders sein könne. Dieser [[underlined]] Meinung [[/underlined]] muß man durch klare Auseinandersetzung des Sachverhaltes entgegentreten. [[underlined]] Wenn [[/underlined]] v = gt ist, [[underlined]] so [[/underlined]] muß [[underlined]] auch [[/underlined]] S = gt²/2 sein, oder umgekehrt, weil beides nur verschiedene Ansichten derselben Erscheinung sind, die wir nur der Beschränktheit unserer Auffassung wegen nicht zugleich, sondern nur nacheinander haben können. Daß aber v = gt sein müße, kann man nicht mathematisch beweisen, sondern nur erfahren. Macht man die [[underlined]] Newtonsche [[/underlined]] Gravitationsannahme, so denkt man eigentlich die [[underlined]] Keplerschen [[/underlined]] Gesetze schon mit und umgekehrt, nur muß man sich dies erst allmälig klar auseinanderlegen. Daß die Gravitationsannahme richtig sei, kann man aber mathematisch nicht anders beweisen, als indem man zeigt, daß sie in den Vorleistungen schon liegt. Wenn verschiedene Beschleunigungen von einander unabhängig sind, so setzen sie sich nach dem [[Parallelogramm?]] zusammen. Daß sie aber unabhängig sind, kann bloß die Erfahrung lehren. So hat also die Mathematik in der Physik keine andere Aufgabe, als zu zeigen, daß mit gewissen Eigenschaften einer Erscheinung gewisse andere schon mitgedacht (mitbestimmt) sind, daß die Beobachtung gewisser Eigenschaften genügt, um die besondere Beobachtung gewisser anderer überflüssig zu machen. Die Mathematik erspart also die Mühe überflüssiger Beobachtungen u. erleichtert die Arbeit der Übersicht.

4.

An gelegentliche Bemerkungen, welche die [[underlined]] Funktion [[/underlined]] der Mathematik in der Physik betreffen, u. die [[?]] allgemein philosophisch gehalten sein dürfen, sondern sich an ganz spezielle Fälle halten müssen, knüpft sich leicht eine gelegentliche (ebenfalls einen speziellen Fall betreffende) Bemerkung über das Wesen der Theorie u. der Erklärung überhaupt. Eine wahre u. vollständige Erklärung zeigt immer, wieso eine complicirtere Erscheinung eine Combination von einfacheren bekannten Erscheinungen ist. Wo man eine noch unbekannte Erscheinung zur Erklärung voraussetzt, ist dies immer nur ein Nothbehelf u. die Annahme muß wenigstens eine solche sein, welche die Übersicht erleichtert u. die Möglichkeit bietet auf die Probe gestellt zu werden. Solche hypothetische Theorien sind also geduldete Hilfsmittel, dürfen also ein zur Hauptsache gemacht werden. Die größten Naturforscher wie [[underlined]] Newton [[/underlined]] haben sehr wenig von solchen Theorien gehalten u. wiederholt offen erklärt, daß es ihnen gar nicht auf Hypothesen, sondern nur auf die Kenntnis der Erscheinungen ankomme. Die größten Erweiterungen verdankt die neuere Physik